Das Haus der vergessenen Bücher / Christopher Morley

SAM_3068_1Titel: Das Haus der vergessenen Bücher (The haunted bookshop)

Autor: Christopher Morley

Seitenzahl: 254

Woher ich es habe: selbst gekauft

Handlung:

Roger Mifflin ist mit Leib und Seele Buchhändler und Literaturliebhaber. In seinem kleinen Laden in Brooklyn thront er zwischen vollgestopften Regalen, in denen nur er sich zurechtfindet. Man findet ihn immer genau dort, wo die Tabakschwaden am dichtesten sind, denn Rauchen ist im „Parnassus“ ausdrücklich erlaubt und erwünscht, denn der Kunde soll sich ja wohlfühlen. Als dann eines Tages der Werbetexter Aubrey Gilbert bei Mr. Mifflin auftaucht, nehmen die Ereignisse ihren Lauf. Zwar kann der junge, etwas übereifrige Mann den Ladenbesitzer nicht für eine seiner Reklamekampagnen begeistern, stolpert dafür aber mitten in ein Verbrechen und verliert schließlich sein Herz an eine zauberhafte junge Dame.

Eigene Meinung:

Schon das Cover allein ist ein kleines Kunstwerk und hat mich auch dazu bewogen, nach dem Buch zu greifen. Die Farbauswahl, die Schrift, das Fahrrad voller Bücher und der kleine Hund in der Ecke sprechen den Leser sofort an. (Überhaupt gestaltet der Atlantik-Verlag sehr schöne Titelbilder, wenn ich mal so weit abschweifen darf.) Im Inneren bleibt das Buch dann relativ schmucklos, gut gefiel mir aber der kleine Stern am Anfang jedes Kapitels. Die jeweiligen Überschriften fassen auf ein wenig altmodische, aber passende Art und Weise die Handlung knapp zusammen. Erzählt wird die Geschichte in der dritten Person, von einem allwissenden Erzähler. Der begleitet mal den kauzigen, aber sympathischen Roger Mifflin, den unsicheren, aber dennoch abenteuerlustigen Aubrey Gilbert oder die ein wenig naive, aber wissbegierige Titania Chapman und gewährt dem Leser so einen großzügigen Überblick über Handlungsstränge und Schauplätze.

Bei der Lektüre fällt zunächst überhaupt nicht auf, was sich beim Aufschlagen der Widmung zeigt: der Roman erschien im Original erstmals im Jahr 1919 – die Geschichte spielt also nach dem Ende des 1. Weltkrieges. Würde das Kriegsgeschehen nicht hin und wieder erwähnt, so könnten wir uns durchaus auch in der Gegenwart befinden. Denn lauscht man den Diskussionen, die Roger und seine Freunde, Bekannte und Kollegen in ihrem „Maiskolbenclub“ führen, so hört man erstaunlich Aktuelles oder zumindest auf unsere Zeit Übertragbares. Über den Sinn oder Unsinn von Literaturverfilmungen wird da ebenso leidenschaftlich gestritten, wie über den Kontrast zwischen hoher und so genannter Schundliteratur. Es wird darüber philosophiert, was einen guten Buchhändler ausmacht  und der ständige Konflikt zwischen dem Wunsch, nur das zu verkaufen, was einem selbst am Herzen liegt und der Verpflichtung, das im Laden zu haben, was die breite Masse lesen will, wird treffend geschildert. Wer selbst im Buchhandel arbeitet oder sich Gedanken über die Zukunft der Buchbranche macht, wird hier erstaunlich viel Input finden.

Die eigentliche Haupthandlung entwickelt sich dann von einem kleinen Kuriosum, nämlich einem verschwundenen Buch, das nur wieder auftaucht, um dann erneut zu verschwinden, zu einem rasanten, spannenden Krimi. Und während Roger in seiner Buchhandlung mit Begeisterung seiner neuen Mitarbeiterin, der reizenden Titania, alles über Literatur beizubringen versucht, was ihm von Bedeutung erscheint, wächst der zurückhaltende Aubrey über sich hinaus. Er schleicht herum, beschattet, holt Informationen ein und liefert sich wilde Verfolgungsjagden, um das Geheimnis des verschwundenen Buches zu lösen und seine angebetete Miss Chapman zu beschützen. Dass er dabei oft übers Ziel hinausschießt, macht den Roman nur umso lesenswerter.

Überhaupt lebt „Das Haus der vergessenen Bücher“ von seinen Protagonisten. Wie gerne hätte ich Roger dabei über die Schulter gesehen, wie er mit Begeisterung und Liebe zum Detail Titanias Zimmer einrichtet. Seine Gedanken zum richtigen Wandschmuck und der richtige Lektüre für Regal und Nachtisch, waren rührend und amüsant zugleich. Über den Umgang zwischen Mr. und Mrs. Mifflin habe ich oft geschmunzelt und einige Male laut gelacht – sie sind ein fantastisches Ehepaar! Doch auch Aubrey und Titania konnten mein Herz erweichen und natürlich Bock, der gute alte Bock (kurz für Boccaccio), der wohl den heldenhaftesten Auftritt hatte, den ein Hund in solch einem Roman haben kann. Am Ende fiel es mir wirklich schwer, ihnen allen den Rücken zu kehren. Abschließend noch eine Auswahl meiner liebsten Zitate – eigentlich könnte man damit ganze Notizbücher füllen!

Ich lasse die Bücher, die ich verkaufe, für mich werben. Wenn ich einem Kunden ein Buch von Stevenson oder Conrad verkaufe, ein Buch, das ihn begeistert oder in Angst und Schrecken versetzt, werden jener Kunde und jenes Buch meine lebendige Werbung. (Seite 11)

Das Leben in einer Buchhandlung ist wie das Leben in einem Munitionslager. Diese Regale sind angefüllt mit dem gefährlichsten Sprengstoff der Welt – dem menschlichen Geist. (Seite 21)

Bücher enthalten die Gedanken und Träume der Menschen, ihre Hoffnungen, ihr Streben, alles, was an ihnen unsterblich ist. Aus Büchern lernen die meisten von uns, wie lebenswert das Leben doch ist. (Seite 116)

Ich danke Gott, dass ich ein Buchhändler bin, der mit den Träumen und Schönheiten und Kuriositäten der Menschheit handelt, und nicht einer, der nur Waren verhökert. (Seite 160)

Ich habe nie „König Lear“ gelesen, und zwar absichtlich nicht. Wäre ich einmal sehr krank, brauchte ich mir nur zu sagen: Du kannst noch nicht sterben, du hast den „Lear“ noch nicht gelesen, und ich bin sicher, dass mich das wieder auf die Beine bringen würde. (Seite 165)

Fazit: ein Muss für alle Literaturfans und eine Hommage an besten Beruf der Welt: Buchhändler

5K

Linkshänderland. Der Auftrag / Lara de Simone

SAM_3055_1Titel: Linkshänderland. Der Auftrag

Autor: Lara de Simone

Seitenzahl: 351

Woher ich es habe: von Blogg dein Buch zur Rezension erhalten.

Ich bedanke mich herzlich bei Bastei Lübbe für die Übersendung des Buches!

Handlung:

Liam ist gerade einmal 16 Jahre alt, als sein Mentor Francis ihm angekündigt, dass er selbst einen Schützling unter seine Fittiche nehmen soll. Sein „Mentee“ ist die 13-jährige Trix, ein aufgewecktes, mutiges Mädchen. Und dann ist da noch Jannick, ein junger Medizinstudent, der von einem alten Freund zu einem Treffen in eine zwielichtige Kneipe bestellt wird. Alle drei haben eines gemeinsam: sie sind Linkshänder und haben somit Zugang zu einer Computersimulation, die das „Linkshänderland“ genannt wird. Eine Welt, parallel zu der unseren, in der nicht weniger Geheimnisse und Verrat existieren.

Eigene Meinung:

Das Cover des Romans fiel mir zuerst ins Auge und war, ehrlich gesagt, auch der Grund, warum ich das Buch unbedingt lesen wollte. Noch begeisterter war ich, als sich nach etwa der Hälfte der Lektüre die doppelte Bedeutung des Bildes offenbarte. Im Gegensatz dazu kommt das Innere eher schlicht daher, mit einer klaren Schrift und Überschriften in Großbuchstaben. Die Handlung wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt und somit auch aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet. Da ist die lebenslustige, freche Trix, der nachdenkliche, aber mutige Liam und der zurückhaltende, manchmal etwas ängstliche Jannick. Leider bleiben die Charaktere etwas blass, ich hätte mir hier mehr Tiefe, mehr Emotionen gewünscht.

Die Grundidee des Romans ist nicht schlecht, dennoch blieb für mich die Frage nach der Motivation offen. Es wird zwar erklärt, dass die „Bestimmung“ und damit das Gründungsdokument des Linkshänderlands verloren gegangen ist, aber dennoch hätte ich mir etwas mehr Hintergrund gewünscht. Schön und gut: es gibt da also eine zweite Welt neben der unseren, in der dieselben Regeln gelten und in der es dieselben Probleme gibt. Zugänglich ist sie nur den Linkshändern. Aber warum genau ist das so? Da muss man sich schon wie Trix fragen, ob sich denn die Linkshänder für überlegen halten oder warum sie eigentlich diesen Ort des Austausches brauchen. Denn wenn ich, ganz naiv, meinen Freundeskreis betrachte, erschließt sich mir nicht, was Links- und Rechtshänder so sehr unterscheiden soll, dass es das Linkshänderland rechtfertigt. Vermutlich erfahren wir in einem weiteren Band mehr darüber, aber dieses Fehlen eines für mich wichtigen Handlungselements führt dazu, dass ich Teil 2 schon nicht mehr lesen mag.

Überhaupt erscheint mir einiges an dieser Computersimulation fragwürdig. Allein die Tatsache, dass Menschen gegen ihren Willen zwei Computerchips implantiert werden, stört mich doch gewaltig. Und dann soll ich als Leser noch hinnehmen, dass eine 13-Jährige, die bisher nicht mal wusste, dass sie Linkshänderin ist, das einfach so hinnimmt? Noch dazu führt das zweite Leben im LHL dazu, das anderes vernachlässigt wird. Es ist ja sehr schön für Trix, dass sie in Liam einen neuen Mentor und Freund erhält, aber dass sie darüber beinahe ihre Freundin Maike und ihre Familie vergisst, das kann und will ich auch gar nicht verstehen. Und wozu? Um in einer Simulation eine Art Hogwarts für Agenten zu besuchen.

Auch die Sprache konnte mich leider nur wenig überzeugen. Mal sprechen die Figuren so geschwollen, dass man ihnen ihr junges Alter nicht abnehmen kann, mal so schnodderig, dass es kaum zu ertragen ist. Und bei Sätzen wie „Das Wenige, das diese matten, beschädigten oder vollgekritzelten Scheiben noch reflektieren konnten, war ebenfalls matt, beschädigt oder vollgekritzelt.“ (Seite 50) muss ich mich doch etwas gruseln. Nach etwa der Hälfte des Romans werden dann endlich die Handlungsstränge zusammengeführt und die Frage nach dem „Was soll das eigentlich alles?“ beantwortet. Fortan werden Waffen gekauft, Treffen mit der Mafia abgehalten und spioniert und infiltriert, was das Zeug hält und wo Agenten sind, ist natürlich James Bond auch nicht weit. (Wenn auch nur in Gestalt von Jannick, dem man diese Rolle nun wirklich nicht abkauft.) Kurz gefasst: hier wurde viel gewollt, aber leider mangelhaft umgesetzt.

Fazit: eine halbgare Agentengeschichte mit blassen Charakteren – schade!

2K

Der Ernst des Lebens macht auch keinen Spaß / Christoph Wortberg

SAM_3054_1Titel: Der Ernst des Lebens macht auch keinen Spaß

Autor: Christoph Wortberg

Seitenzahl: 190

Woher ich es habe: Für eine autorenbegleitete Leserunde im Büchertreff von Beltz & Gelberg erhalten. Vielen Dank!

Handlung: 

Bisher wurde Lenny immer von seinem großen Bruder Jakob beschützt, doch dann, eines Tages, ist Jakob nicht mehr da. Ein tragischer Unfall, so heißt es. Aber Lenny will sich mit dieser Wahrheit nicht einfach so abfinden und forscht weiter. Dabei stößt er bei seinen Eltern, die in der eigenen Trauer völlig erstarrt sind, auf Unverständnis und Ablehnung. Trotzdem wagt der Junge sich daran, die letzten Geheimnisse im Leben seines Bruders zu lüften: Was machte Jakob so ganz allein in den Bergen? Und wer ist das mysteriöse Mädchen, das einfach so auf seiner Beerdigung auftaucht?

Eigene Meinung:

Äußerlich kommt der Roman recht einfach daher – der Titel prangt in einer Art Handschrift orangefarben vor einem blauen Hintergrund. Die Silhouette einer Bergkette ist zu sehen. Auch im Inneren ist alles eher schmucklos gehalten, die Kapitel sind einfach mit der jeweiligen Zahl überschrieben. Doch dafür wird mit dem Inhalt umso mehr gesagt. Gleich zu Beginn wird der Leser mitten in die Geschichte geworfen und begleitet die Familie zum geplanten Tod ihres ältesten Sohnes, der nach einem Unfall im Koma liegt. Schon diese erste Szene ist bezeichnend für den Rest der Handlung, denn ausgerechnet der kleine Bruder Lenny ist es, der die finale Anweisung geben muss, die lebenserhaltenden Instrumente abzuschalten. Denn beide Elternteile sind dazu nicht in der Lage.

Überhaupt erleben wir im Buch eine schwierige Familiensituation. Auf Jakob, dem Älteren und Liebling der Eltern, lastete sein Leben lang ein enormer Druck. Alles war für ihn bereits verplant, seine gesamte berufliche Zukunft und auch in der Liebe hatte die Mutter ein Wörtchen mitzureden. Jetzt, da Jakob fort ist, werden die beiden Erwachsenen völlig von ihrer Trauer zerfressen. Während die Mutter sich mit Schmerz- und Beruhigungsmitteln betäubt, reagiert der Vater mit Wut und Aggression gegen den noch verbleibenden Sohn.

Doch Lenny zeigt, dass er aus einem anderen Holz geschnitzt ist, als sein Bruder. Denn neben einer Geschichte über Tod und Verlust ist „Der Ernst des Lebens macht auch keinen Spaß“ die Geschichte einer Emanzipation. Eine Geschichte über den Mut eines ewigen Zweiten, sich aus dem Schatten des Bruders zu kämpfen und für die Wahrheit einzustehen. Denn der will sich in der Familie sonst keiner stellen, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Dabei sprechen bald alle Anzeichen eine deutliche Sprache: Jakob hat sich das Leben genommen.

Was auf den ersten Blick wie eine knappe Kurzgeschichte daherkommt, entwickelt in kurzen klaren Sätzen eine unglaubliche Tiefe. Die Emotionen schlagen einem quasi aus den Seiten entgegen: enttäuschte Liebe, vereitelte Freiheit, geraubte Hoffnung – all das ist hier zu spüren. Die Handlung an sich gibt dabei jede Menge Stoff zum Nachdenken und Diskutieren her. War Jakob, wie sein Bruder ihn am Anfang nennt, ein Held, der sich aus einem goldenen Käfig befreit hat? Oder ist er einfach nur ein Teenager, der den Mut nicht aufbringen konnte, seinen fordernden und wenig liebevollen Eltern entgegenzutreten? Wir alle spielen im Leben eine Rolle, aber es ist an uns, wie wir sie anlegen wollen.

Fazit: ein kurzer Roman, der einen lange Zeit nicht mehr loslässt

5K

 

Mein Lesemonat August

Da bin ich endlich mal wieder. Auch der August war nicht gerade beitragsreich bei mir. Ein wenig rechtfertigen kann ich das immerhin damit, dass ich die Arbeitsstelle gewechselt habe. Einige von euch wissen sicher, dass ich zuletzt als Buchhändlerin für einen großen Filialisten gearbeitet habe. Dort ging es beruflich leider nicht so weiter, wie ich mir das vorgestellt habe und so bin ich seit 1. September bei einer kleinen, aber feinen regionalen Buchhandelskette angestellt, wo es mir sehr gut gefällt. Das brachte zwar einige Veränderungen mit sich, aber ich bin froh, dass ich den Traum vom Buchhandelsjob noch ein bißchen weiter träumen darf.

Jetzt aber zurück zum Thema:  zwei echte Highlights waren im August dabei: der dritte Teil der Poznanski-Trilogie – ein wirklich fulminanter Abschluss – und „Im freien Fall oder wie ich mich in eine Pappfigur verliebte“, das absolut das Zeug zum Highlight des Jahres 2014 hat. Ein echter Geheimtipp ist „Julis Schmetterling“ von Greta Milán, das kann ich euch nur ans Herz legen! Enttäuscht war ich dafür von einigen anderen Büchern. „So oder so“ ist bei mir ganz durchgefallen und „Blue Blue Eyes“ hatte zwar wahnsinnig viel Potenzial, konnte mich dann aber doch nicht überzeugen.

Gelesen:

Fliegende Fetzen / Terry Pratchett
4K

Die Verschworenen / Ursula Poznanski
5K

So oder so / Anja Kömmerling & Thomas Brinx
2K

Vernichtet / Teri Terry
3K

One more chance. Befreit / Abbi Glines
4K

Im freien Fall oder wie ich mich in eine Pappfigur verliebte / Jessica Park
5K

Blue Blue Eyes / Alice Gabathuler
3K

Julis Schmetterling / Greta Milán
4K

= 8 Bücher mit insgesamt 2928 Seiten und einer Durchschnittsbewertung von 3,75 Kirschen.

 

So oder so / Anja Kömmerling & Thomas Brinx

SOS_DualCover_1Titel: So oder so

Autoren: Anja Kömmerling & Thomas Brinx

Seitenzahl: 230

Woher ich es habe: von Blogg dein Buch zur Rezension erhalten

Ich möchte mich ganz herzlich bei Beltz & Gelberg für die Übersendung des Buches bedanken!

Handlung:

Jella und ihre beste Freundin Bella haben schon seit langem ihr erstes Festivalwochenende bei Rock am Ring geplant. Auch Lasse, Mc Fitti, Bellas Cousine Soleil und die zahme Ratte Sportsfreund sind mit von der Partie. Doch dann kommt auf einmal alles anders und es ist die Wahl zwischen Salami und Marmelade auf Jellas Frühstückstoast, die das Wochenende völlig verändern soll. Entscheidet sie sich für die Salami, fährt Jella mit ihren Freunden im Zug zu Rock am Ring und trifft dort auf den gutaussehenden Goran. Wählt sie aber die Marmelade, muss sie auf einmal mit ihrer nervigen kleinen Halbschwester Violetta im Schlepptau zum Festival trampen – ungewiss, ob sie überhaupt pünktlich zum Konzert ihrer Lieblingssängerin PerLe dort ankommen wird.

Eigene Meinung:

„So oder so“ ist wirklich ansprechend und vor allem passend zum Inhalt gestaltet. Das Buch lässt sich von beiden Seiten her lesen – die beiden unterschiedlichen Versionen der Handlung treffen sich in der Mitte des Buches, wo Schemen einer begeisterten Menge bei einem Konzert zu sehen sind. Und auch die Cover sind dem Inhalt des Buches angepasst: auf dem einen ist Jellas Frühstücksbrot mit Salami, auf dem anderen das mit Marmelade zu sehen. Die Herzform macht nochmal deutlich, worum es in dieser Geschichte hauptsächlich geht: die Liebe. Diese Gestaltung dürfte der Zielgruppe sicher gefallen und auch auf mich wirkt sie sehr stimmig.

Jellas Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiven in der Gegenwartsform erzählt. Meistens ist es Jella, die wir als Leser begleiten, aber auch andere Charaktere wie Soleil oder Violetta kommen zu Wort. Dabei wird auch auf vieles eingegangen, was sich nur im Inneren der Figuren abspielt: Gedanken und Gefühle werden unvermittelt eingeflochten – so weiß man stets, was in ihnen vorgeht und durch das Präsens wirkt alles so, als geschehe es jetzt gerade, in diesem Moment. Sprachlich ist alles an die jeweiligen Personen angepasst. Jella spricht also nur von ihrer „Sis“ und kreischt ständig „Wir sind Ringrocker“. Das soll wohl authentisch wirken und den Schulterschluss zu den Teenie-Lesern bringen, aber ganz ehrlich: auf mich wirkt es einfach nur aufgesetzt. Aber vielleicht bin ich einfach nur alt und spießig und will es nicht wahrhaben, dass 16-Jährige alle so reden und denken.

Dreh- und Angelpunkt der Handlung ist tatsächlich die Wahl des Toastbelags, mit der sich für Jella das ganze Wochenende ändert. Die Salami-Geschichte verläuft, alles in allem, etwas harmonischer, auch wenn Jella erstmal vor ihrer Mutter fliehen muss, die ihr zu gerne Violetta aufs Auge drücken würde. Überhaupt macht Mutter Stine auf mich einen recht überforderten und selbst wenig erwachsenen Eindruck – in beiden Geschichten ist sie kein Vorbild. Violetta hingegen war mir sofort sympathisch, auch wenn sie natürlich eine kleine Nervensäge ist. Die Marmeladen-Geschichte schlägt dann doch deutlich ernstere Töne an und mir persönlich wäre es lieber gewesen, ich hätte diese zuerst gelesen. (Wer das Buch liest, dem wird vielleicht auffallen, was ich meine. Ich sage nur so viel: Johannes.)

In „So oder so“ werden durchaus einige ernste Themen angesprochen: es geht um Alkoholismus, um psychische Krankheiten, aber auch um Homosexualität. Das alles wird recht geschickt in die Handlung verpackt, ohne dass zu sehr die moralische Keule geschwungen wird. Dennoch bleibt die Geschichte darüber hinaus ziemlich belanglos und verliert sich in Teeniesprache und banalen Handlungselementen. Nur der Strang über Jella und Soleil konnte mich wirklich überzeugen, davon hätte ich gerne mehr gelesen. Doch an der spannendsten Stelle ist dann auch schon Schluss. Naja, immerhin umfasst jede Version auch nur 115 Seiten – da kann schon fast von Kurzgeschichten gesprochen werden. Und dafür hat das Buch mit 12,95 Euro einen mehr als stolzen Preis!

Fazit: Grundsätzlich eine nette Idee, an deren Umsetzung es dann aber deutlich hapert

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